Wir beide verletzen uns in Konflikten gegenseitig immer wieder, z.B. wenn wir bei der Kindererziehung unterschiedlicher Meinung sind. Dabei passiert es nicht selten, dass ein Wort das andere gibt, ich aufgebracht und verärgert bin und dabei Dinge sage, die mir hinterher leidtun.
Bei einem Beziehungsabend von Marriage Encounter haben wir uns eine solche Situation einmal genauer angeschaut und gesehen, dass wir auf der Sachebene gar nicht so weit auseinanderliegen.
Dabei ist mir auch klar geworden, dass mein Ärger in solchen Gesprächen eigentlich nicht mit meiner Frau Margit zu tun hat, oder damit, dass sie manches anders sieht. In Wirklichkeit ärgert mich, dass ich meinen Standpunkt offensichtlich nicht gut genug erklären kann. Es war für mich gar nicht leicht, mir das einzugestehen.
Richtig überraschend ist dieses Gespräch für mich aber geworden, wie ich entdeckt habe, dass da offenbar ein Schmerz aus meiner Kindheit herein spielt. Ich habe als Kind gestottert und darunter schwer gelitten. Langsam habe ich begriffen, dass mein Ärger gar nicht so viel mit der jetzigen Situation zu tun hat, sondern mit der Hilflosigkeit, die ich als Kind bei Diskussionen erlebt habe.
Es war sehr heilsam für mich, mit Margit über diese schmerzliche Erfahrung zu sprechen. So habe ich mich ein großes Stück weit mit diesem Teil meiner Kindheitsgeschichte versöhnen können.
Mir ist dann auch wieder ein Satz eingefallen, den ich einmal gelesen habe: „Lieben heißt, einander zum Wachsen zu verhelfen“. So gesehen, ist Margit meine beste Lehrmeisterin — gerade auch in Konflikten.
Josef