Der Tanz von Nähe und Distanz

„Dau­ernd streicht die Kat­ze um dei­ne Bei­ne. Bei mir macht sie das nie. Dabei bemühst du dich gar nicht um sie!“
„Eben.Kinder und Kat­zen muss man kom­men las­sen, das ist alt bekannt.“
„Aber zu mir kommt sie nicht!“
„Weil sie merkt, dass du etwas von ihr willst! Sie will aber dann ihre Strei­chel­ein­hei­ten, wenn sie sie braucht, nich twenn dir gera­de danach ist.“

Nicht nur Kat­zen brau­chen manch­mal Nähe und manch­mal Distanz. Auch jeder Mensch braucht bei­des: Nähe, Zärt­lich­keit und Intimität–und dann wie­der Zei­ten des In–Ruhe–gelassen–Werdens, um ganz bei sich sein und sich eige­nen Inter­es­sen zuwen­den zu kön­nen. Jeder Mensch hat dabei einen eige­nen Rhyth­mus. Wie es uns im Paar mit­ein­an­der geht, hängt wesent­lich davon ab, wie gut wir unse­re Rhyth­men auf­ein­an­der abstim­men können.

Ein Kind ist dar­auf ange­wie­sen, dass sich die Eltern mög­lichst gut an sei­ne Bedürf­nis­se anpas­sen. Bekommt es immer wie­der zu wenig Nähe, wird es Ver­las­sen­heits­ängs­te ent­wi­ckeln und „klam­mern“. Drängt man ihm mehr Nähe auf, als es haben will und nimmt ihm damit den nöti­gen „Atem­raum“, reagiert es mit Über­flu­tungs­ängs­ten und manch­mal schrof­fer Abgren­zung. Bei­des kann sich auf sei­ne spä­te­ren Bezie­hun­gen im Erwach­se­nen­al­ter stö­rend aus­wir­ken, wenn das in der Kind­heit erlern­te Ver­hal­ten auch dem Part­ner gegen­über bei­be­hal­ten wird.

Erwach­se­ne wer­den vom Part­ner nicht ver­lan­gen, immer die eige­nen Wün­sche zurück­zu­stel­len, son­dern es wird ein stän­dig neu­es Aus­han­deln (hof­fent­lich auf Augen­hö­he) geben, wer sich wann anpasst. Wenn wir die aus der Kind­heit mit­ge­brach­ten Ängs­te los­las­sen kön­nen, weil wir erken­nen, dass die Situa­ti­on jetzt eine ande­re ist, haben wir dafür bes­te Voraussetzungen.

Wich­tig ist auch, dem Partner/der Part­ne­rin nicht die Ver­ant­wor­tung für UNSERE Ängs­te „umzu­hän­gen“, auch wenn es aus unse­rer Sicht sein/ihr Ver­hal­ten ist, das die­se aus­löst. Die wah­re Ursa­che liegt ja in uns selbst und in dem, was wir erlebt und erlernt haben. Der Mut, die eige­ne Bedürf­tig­keit zu zei­gen, der ver­trau­ens­vol­le Dia­log unter­ein­an­der und das ein­fühl­sa­me Hören auf­ein­an­der unter­stüt­zen uns dabei. So kann ich ganz bei mir sein und dabei zugleich dein Wohl­wol­len genie­ßen – und dann wie­der ganz bei dir sein, mit vol­ler Auf­merk­sam­keit. Ich darf erle­ben, dass du ganz bei mir bist und kann dich wie­der in Lie­be ganz bei dir sein lassen.

Lia­ne und Konrad
ME-Zeitungsteam