Ver­letzt zu Hause

Ingrid:
Wal­ter ist nun seit fast 2 Wochen zu Hau­se, weil er nach einem Schien­bein­bruch und der dar­auf­fol­gen­den Ope­ra­ti­on noch nicht mobil ist.
In den ers­ten Tagen war ich ziem­lich unru­hig und hin und her­ge­ris­sen. Einer­seits woll­te ich für ihn da sein, gleich­zei­tig hat­te ich aber auch ande­re Ver­pflich­tun­gen und Bedürf­nis­se. Mei­nen regel­mä­ßi­gen Besuch im Fit­ness­stu­dio habe ich bei­na­he auto­ma­tisch gestrichen.

Wal­ter:
Ich war sehr froh, dass Ingrid mich so lie­be­voll umsorgt hat, den­noch konn­te ich es inner­lich nicht wirk­lich anneh­men. Mei­ne Gedan­ken waren: „Es kann doch nicht sein, dass sich jetzt alles nur um mich dreht“, „das hält sie sowie­so nicht lan­ge durch“.
Trotz ihrer Mühe und ihrem Bemü­hen habe ich Ingrid gestresst und abge­kämpft erlebt – und dafür will ich nicht der Grund sein.

Ingrid:
Ober­fläch­lich betrach­tet hat alles gut funk­tio­niert und den­noch konn­ten wir uns nicht wirk­lich spü­ren, bis mich Wal­ter gera­de­her­aus gefragt hat, wie es mir im Moment wirk­lich geht.
Ich habe mich zu ihm hin­ge­setzt und ihm unter ande­rem gestan­den, dass ich mich müde, aus­ge­laugt und unzu­frie­den füh­le. Mir ist im Lau­fe unse­res Gesprächs bewusst gewor­den, dass ich trotz die­ser beson­de­ren Situa­ti­on auch etwas für mich tun muss, um nicht auszubrennen.

Wal­ter:
Seit eini­gen Tagen pla­nen wir nun gemein­sam jeden Tag so gut als mög­lich und reden dabei auch ganz offen über unse­re Gefüh­le. Ich kann nun (vor mir sel­ber) zuge­ben, dass es mir gar nicht so leicht fällt, einen gan­zen Nach­mit­tag allei­ne zu sein und Ingrid trotz­dem frei­zu­las­sen. Ingrid kann bes­ser zu ihren Bedürf­nis­sen ste­hen und erzählt mir meis­tens freu­dig davon, was sie wie­der alles erlebt hat. So haben wir wie­der guten Gesprächs­stoff, wenn sie nach Hau­se kommt und sind uns wie­der um vie­les näher.

Ingrid und Walter